Wer wir sind

Schon seit 30 Jahren leben im Staudingerweg 23a Menschen selbstorganisiert ihre Utopien in frei gestalteten kleinen Häuschen auf Rädern.

Falls Wallnussbäume, Wegeriche, Meisen und Igel, Bienen und Wägler*Innen doch mal einem neuen Unigebäude weichen sollen, hat die Kanzlerin der Johannes-Gutenberg-Universität-Mainz bereits ein Ersatzgelände in Aussicht gestellt.

WARUM WIR IM BAUWAGEN LEBEN

Das Leben auf einem Bauwagenplatz bietet uns die Möglichkeit in einer Gemeinschaft zusammen zu leben und trotzdem eine größtmögliche Individualität und Unabhängigkeit zu bewahren.

Diese Art des Wohnens bedeutet einen bewussten Verzicht auf den Wohnkomfort eines Steinhauses mit fließend Wasser und Zentralheizung. Doch auch die räumliche Begrenztheit der eigenen vier Wände empfinden wir nicht als Einschränkung, denn in unserer großen Freiluft-WG lebt es sich einfach unbeengt.

Das Leben in einem Wagen bedeutet ein Leben in und mit der Natur. Treten wir vor unsere Tür so sind wir direkt draußen. Dadurch entwickeln wir ein ganz anderes Gespür für Wetter und Jahreszeiten.

In den warmen Monaten findet ein Großteil unseres Alltags vor unseren Wägen statt. So trinken wir den ersten Kaffee des Tages gerne draußen in der Morgensonne, nehmen in unserer Freizeit anstehende Arbeiten selbst in Angriff, bewirtschaften unsere Kräuter- und Gemüsebeete, kümmern uns um unseren Wohn- und Lebensraum. In den Wintermonaten ist es nicht, wie man vermuten möchte, kalt, sondern durch unsere Holzöfen sehr wohlig gemütlich und wärmer als in manch einem Steinhaus.

Das Wagenleben ermöglicht uns viele Dinge, die in einer Wohnung nur zum Teil oder gar nicht realisierbar sind: Das Zuhause gestalterisch und künstlerisch ganz individuell herrichten, Tiere halten, den Traum vom eigenen Nutzgarten verwirklichen, einheimische Tiere beobachten und ihren Lebensraum erhalten und jedes Jahr neue Insektenarten entdecken.

Weil wir als Bauwägler*Innen nicht Wand an Wand mit unseren Nachbar*Innen wohnen, haben wir durch unsere Wohnform mehr Privatsphäre als beispielsweise in einem Mietshaus. Wir alle besitzen unseren eigenen Bauwagen und diese sind so zu sagen von Natur aus flexibel in Anordnung und Standort. Bei einem Ortswechsel müssen wir unsere gewohnte Umgebung nicht aufgegeben. Wir haben unsere Bauwagen ganz individuellen Bedürfnissen bei der Außen- und Innengestaltung angepasst, in jedem Wagen steckt ein Stück Selbstverwirklichung. Je nach Bedarf haben einige von uns ihre Gefährte mit Erkern oder Turmaufbauten erweitert.

Bei uns gibt es wie in den meisten WGs auch Gemeinschaftsräume: Unser Wohnzimmer ist ein „Kinowagen“ und in den Küchenwägen wird gekocht und gebacken, geredet und gelacht. In unseren Gemeinschaftswägen tauschen wir uns gerne über anstehende Arbeiten und Veränderungen aus, führen nächtelange, hochphilosophische Debatten über „Gött*Innen und die Welt“ oder lassen den Tag einfach bei einem gemeinsam gekochten Abendessen in gemütlicher Runde ausklingen.

Als Bauwägler*In ist es erforderlich sich handwerkliche Fähigkeiten anzueignen. Auch deshalb ist ein Vorteil des gemeinschaftlichen Lebens die gegenseitige Unterstützung. Beim Ausbauen und winterfest Machen eines Bauwagens geben wir uns ganz praktische Hilfestellungen, vor allem das Fachwissen unserer Handwerker*Innen ist oft gefragt. So sind in unserer Gemeinschaft schon einige mit ihren Bauprojekten über sich hinausgewachsen.

Gemeinschaftliches Wohnen bedeutet bei uns auch zu einem gewissen Grad Güterteilung, beispielsweise in Form eines Platzautos, welches jeder nach einem Blick in den Fahrtenkalender nutzen kann.

Im Allgemeinen liegt uns ein bewusster und ökologischer Umgang mit Konsum- und Gebrauchsgütern am Herzen. So recyceln wir gerne kaputte Gegenstände, funktionieren sie um, machen etwas Neues daraus. Kaputte Hosen werden genäht, Elektrogeräte repariert und alte Möbel mit Hilfe des Gemeinschaftswerkzeugs aufpoliert.

Da wir eine Gruppe von Menschen mit ganz unterschiedlichen Interessen und Berufen sind, können alle von allen lernen. Auf persönlicher Ebene lernen wir so nie aus, gleichzeitig versuchen wir immer aus vielen Einzelinteressen gemeinsame Interessen und Vorstellungen herauszuarbeiten. Die eigene Kritik- und Kompromissfähigkeit wird dabei ausgebaut.